Besser als ihr mieser Ruf: Arbeit
von Elisabeth Michel-Alder
Gegen gesellschaftlich verankerte und medial breitgehämmerte Erzählungen ist fast kein Kraut gewachsen, auch wenn viele Fakten dagegen sprechen. Doch den kanadischen Soziologieprofessor Scott Schieman hat es trotzdem gereizt, dem dominanten Narrativ von der unglücklich machenden Arbeit auf den Grund zu gehen. Daten von 42 000 Arbeitskräften aus Kanada und den USA hat er ausgewertet. Mit dem bemerkenswerten Resultat, dass fast 80% in ihrem Job-Alltag ganz zufrieden sind. Werden die beachtlich Zufriedenen allerdings befragt, wie andere wohl ihre eigene Situation einschätzen, reduziert sich diese Zufriedenheitsrate auf knapp unter 50%.
Die Lücke zwischen eigenem Erleben und der Realitätsvermutung ist also gross. Sie bedient das Bedürfnis von Individuen, sich privilegiert zu fühlen. Und einen medialen Mainstream, der skandalöse Verhältnisse anprangert. Das funktioniert im übrigen analog bei Themen wie Stress oder Einwanderung.